Ob Kreditabsicherung oder Zusatzrente: Die Lebensversicherung bietet eine Vielzahl an Aspekten, die angesichts des aktuellen Zinstiefs übersehen werden. Von Mag. Raja Korinek
Wer in der heutigen Zeit konservativ anlegen muss, der steht freilich vor großen Herausforderungen. Denn die Zinsen verharren auf historischen Tiefs, wenn auch zuletzt die aufkeimende Inflationsangst zu einem bescheidenen Renditeanstieg geführt hatte. Doch bei sicheren Staatsanleihen mit kürzeren Laufzeiten müssen sich Anleger noch immer mit einer negativen Verzinsung abfinden. Das stellt vor allem auch zahlreiche institutionelle Anleger wie zum Beispiel Versicherungen derzeit vor immer größere Herausforderungen, einen vernünftigen Ertrag auf den weltweiten Kapitalmärkten zu erzielen. Manch ein Anbieter von Lebensversicherungen hat deshalb jetzt sogar den jährlichen Garantiezins bei neuen Verträgen zur Gänze gestrichen. Stattdessen gibt es nur noch eine Gewinnbeteiligung.
Dennoch, das Produkt deshalb ganz abzuschreiben, das wäre ein großer Fehler, betont Manfred Rapf, Sprecher der Sektion Lebensversicherung im österreichischen Versicherungsverband VVO anlässlich eines Pressegesprächs. Und das gleich aus mehreren Gründen, auf die der Experte verweist. Schließlich seien Versicherungsunternehmen hierzulande nicht nur wichtige Arbeitgeber und große Investoren am Kapitalmarkt. Mit dem Kauf von österreichischen Staatsanleihen sei man zudem ein wichtiger Geldgeber für den heimischen Staat. „Die Versicherungen sind aber auch Risikoträger von jenen Risiken, die man besser auf ein Kollektiv überträgt“, verweist Rapf auch auf einen wesentlichen Vorteil des Produktes für Kunden.
Allein hierzulande verwalten die Assekuranzen derzeit gut 70 Mrd €. Das entspricht rund 12 % des Veranlagungsvermögens der privaten Haushalte. Und die haben eine ganze Menge abgeschlossen, nämlich 9,2 Mio Versicherungsverträge. Zudem zahlen die Österreicher jährlich Versicherungsprämien von durchschnittlich 785 €.
Und das kann sich durchaus lohnen, meint Rapf, der die Argumente ein wenig präzisiert: „Niemand ist vor Schicksalsschlägen, aber auch vor einem vorzeitigen Ableben gefeit. Hier bietet die Lebensversicherung eben Schutz.“ Schon allein das spreche für dieses Produkt, das ohnedies langfristig betrachtet werden sollte: „Lange genug jedenfalls, um auch die aktuelle Tiefzinsphase zu durchtauchen“, mahnt Rapf nicht nur auf die Rendite zu schauen und verweist dabei auch auf die Historie der heimischen Versicherungskonzerne: „Noch nie sei in Österreich ein Anbieter in Schwierigkeiten geraten, gerade eben weil derart konservativ veranlagt werde.“
Dabei wird die private Vorsorge ohnedies wichtiger denn je. Schließlich gebe es immer mehr Pensionisten, die das staatliche Umlagesystem finanzieren müsste, „zugleich aber immer weniger Beitragszahler“, betont der VVO-Experte. Umso mehr wäre beispielsweise auch eine Liberalisierung der prämiengeförderten Zukunftsvorsorge wünschenswert. Aufgrund relativ streng gefasster Garantievorgaben wurden viele Verträge nach den schweren Kursverlusten vom Jahr 2008 komplett ausgestoppt, sie können bis zur Fälligkeit nicht mehr in riskantere Assets umschichten. Hier sei man aber mit der Politik in Gesprächen, und hoffe auf einen Schulterschluss, wie Rapf es formuliert. So wünsche man sich beispielsweise, dass nicht nur ein Teil in Aktien, sondern auch in den Wohnbau und in Infrastrukturprojekte investiert werden könne.
Zu guter Letzt verweist Wifo-Ökonom Thomas Url auf die Vorteile gegenüber Bankprodukten: „Eine Lebensversicherung ist ein Finanzinstrument, mit dem man biometrische Risiken und Kapitalmarktrisiken zugleich abdecken kann.“ Das sei einmalig. Banken könnten keinen Schutz gegen biometrische Risiken bieten. Letztendlich sollte man wohl auf einen vernünftigen Mix an verschiedenen Produkten zurückgreifen, der einen sowohl gegen unerwartete Ereignisse absichert als auch einen langfristigen Vermögensaufbau ermöglicht.
40 % der Österreicher fürchten sich vor Altersarmut Armut im Alter und der Verlust des derzeitigen Lebensstandards werden von den Österreicherinnen und Österreichern als mit Abstand größte Risiken der heutigen Zeit eingestuft. 46 % der Frauen und 35 % der Männer fühlen sich davon bedroht. Von den jüngeren Menschen unter 35 Jahren sieht nahezu jeder Zweite diese Gefahr auf sich zukommen. Klimawandel, Krankheit oder Datenschutzprobleme folgen im Risiko-Ranking deutlich dahinter. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage der Allianz Versicherung hervor.
Bewusstsein vorhanden
„Die Gefahr der Pensionslücke ist den Köpfen von Herrn und Frau Österreicher angekommen, das Bewusstsein für diese ernste Bedrohung ist da“, kommentiert der Vorsorgeexperte des Versicherers Andreas Csurda die Ergebnisse der Umfrage. Es sei zu hoffen, dass der Erkenntnis auch Taten folgen. „Neben präventiver Gesundheitsvorsorge ist private finanzielle Vorsorge ein Gebot der Stunde, nicht zuletzt im Hinblick auf die demographische Entwicklung in unserem Land“, so Csurda. Schon 2024 werde Österreich nämlich in der Bevölkerungsstatistik zu den „superalten“ Ländern der Welt gezählt werden.
Tiroler fürchten Altersarmut am meisten
Die Furcht vor Altersarmut ist laut Umfrage in den größeren Städten deutlich stärker ausgeprägt als auf dem Land, bei Frauen stärker als bei Männern und bei Singles wesentlich mehr als bei verheirateten Paaren. Ob Kinder im Haushalt leben, macht hingegen keinen Unterschied. Nach Bundesländern gereiht, zeigt sich ein interessantes Bild: Am größten ist die Angst vor Armut im Alter in den östlichen Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland. Getoppt werden diese allerdings noch von Tirol, wo 48 % der Befragten eine erhebliche und bedrohliche Pensionslücke befürchten.
Zahlreiche Bedrohungen
„Gefahrenpotenzial sehen die Österreicherinnen und Österreicher auch in vielen anderen Dimensionen des Lebens“, so Csurda. So fühle sich ein Drittel der Bevölkerung von Umweltkatastrophen und Klimawandel persönlich bedroht, 29 % von gesundheitsschädlichen Nahrungsmitteln und 28 % vom Datenmissbrauch, beispielsweise bei Kreditkarten. Jeder Vierte empfindet auch den Straßenverkehr als Gefahr – und das quer durch alle Altersgruppen. Bedenklich: 3 % der Befragten geben an, sich vor Gewalt in ihrer Familie zu fürchten. Generell wird das Leben in der heutigen Zeit von den jüngeren Menschen und den weniger Gebildeten risikoreicher eingeschätzt als von der übrigen Bevölkerung.